Altenmarkt-St. Georgen am Reith

Etappe 20: Einsamkeit und Traumlandschaft

Start: 469 m.ü.M, Ziel: 497 m.ü.M, Min: 408 m.ü.M, Max: 1019 m.ü.M
Weg: 10 Std 20, 32 km, ↗ 1288m, ↘ 1260m, GPX-Track, KML-Pfad, Karte

22. April 2024: Kurz vor halb acht Uhr mache ich mich auf den Weg. Erstmals seit Tagen regnet es nicht, aber es ist bitter kalt. Da ich noch Brot und Käse bei mir habe, lasse ich den Lebensmittelladen links liegen. Später sollte ich feststellen, es wäre vielleicht angebracht gewesen, noch ein Getränk zu kaufen. Und auch etwas Essbares für den Abend hätte ich durchaus einkaufen dürfen.

Nun, ich kam mit 3 dl Wasser über die Runden, doch Mittag- und Abendessen bleiben etwas karg: Brot und Käse, später nur noch Brot, weil kein Käse mehr da. Gut, die Verpflegung könnte reichhaltiger sein. Ich habe aber selten derart herzhaft Brot und Käse verspiesen wie heute. Im übrigen wollte ich nicht mehr über den Berg schleppen, und Brot habe ich genügend, da ich in Admont ein Kilogramm einkaufte.

Für gute eineinhalb Kilometer geht es der Hauptstrasse entlang. Es gäbe zwar auch einen Weg über die Hügel, doch wäre dieser weiter und es wären ca. 250 Höhenmeter mehr. Viel Verkehr gibt es am Morgen nicht. Dafür habe ich zum ersten Mal auf meiner Tour ein motorisiertes Fahrzeug überholt, denn eines der wenigen Vehikel ist ein Strassenputzer, der derart gemütlich (wohl reinlich) putzt, dass ich ihn ohne Anstrengung erst überhole und später abhänge.

Zu meiner Überraschung laufe ich noch immer der Enns entlang. Bei der Abzweigung, welche in die Höhe führt, folgt kurz ein Schild Oberösterreich, später auf dem Pass oben werde ich bereits in Niederösterreich sein. Es folgt ein breiter Fahrweg und nach einigen Kilometern treffe ich auf einen Riesenkran, der auf einem Seitenplatz abgestellt ist.

Da noch Schneeketten montiert sind, fragt sich, ob der Kran hier eine winterliche Mission hatte oder ob er selber stecken blieb und nun quasi auf die schneebefreite Abholung wartet.

Das Schottersträsschen führt immer leicht ansteigend in die Höhe. Einmal überholt mich ein Auto, später treffe ich auf ein währschaftes Haus am Wegrand. Was auf den ersten Blick so aussieht, als würde der Kamin Rauch abgeben, sollte sich beim Vorbeilaufen als kleines Nebelspiel entpuppen. Und da dachte ich schon, ich treffe auf eine Bergbeiz. Fata morgana kam mir noch passend zum Nebelspiel in den Sinn.

Weiter oben suche ich den Pfad, die Karte auf dem Navi ist ungenau, der vorgeschlagene Track führt direkt in den kalten Bergbach. Da ich keine kalte Fussdusche benötigte, folgte ich einem nicht eingezeichneten Strässchen, das mit grossem Bogen zurück zum Track führen dürfte. Ein kleiner Umweg war es schon, doch lieber ein paar trockene Schritte mehr als die nasse Abkürzung.

Weiter oben begrüsst mich endlich die Sonne. Es gibt einen schönen Weitblick, auch heute begeistert mich die Landschaft, die ich traumhafterweise ganz für mich habe. Weniger traumhaft war, dass ich erneut im Schnee landete. Bis etwa 50 Meter unter den Pass ist die Strasse schneefrei, danach stampfte ich durch den Schnee. Nicht ganz so wild und lange wie auf der 3. Etappe, doch länger als ich mir zuvor vorstellte.

Auf dem Franzsattel bin ich im Winter. Später (unten im Tal) sollte mich eine Wanderin fragen, woher ich komme. Vom Franzsattel. Ah, vom Franzl kommen’s. Und ja, der Franzl hat es durchaus in sich. Zum Glück waren ein paar Bäume Rot-Weiss-Rot angemalt, den Wanderweg selber konnte ich nicht ausmachen, auch wenn es nur ca. 20 bis 30 Zentimeter Schnee hatte.

Beim Abstieg begegne ich einer einsamen Schutzhütte. Auch hier niemand da. Es fühlt sich an, als wäre ich im hohen Norden. Aber nein, die Handschuhe habe ich nicht angezogen, wir sind hier ja in Österreich, und bald Ende April trotze ich mir den Frühling herbei, sonst hört das ja nie auf mit dem Schnee! Am Abend erzählt mir die Gastgeberin, es würde für morgen nochmals Schnee geben. Nun, wir werden morgen sehen, ob ich die Handschuhe anziehen werde.

Nach einer halben Stunde gelange ich zu einer breiten Forststrasse. Ein Auto passiert. Der Fahrer fragt mich, ob ich irgendwas benötige. Ich überlege noch, ob ich Schneeschuhe als Wunsch äusseren soll, doch hätte ich diese ja oben beim Franzl benötigt, hier unten brauche ich diese nicht mehr.

Beim Abstieg treffe ich auf einen Lastwagen, der mit einem Kran bestückt ist, um Holzstämme laden zu können. Flink wandern die Stämme auf die Ladefläche.

Flink geht es für mich bergab. Fast unten im Tal treffe ich auf einen grossen Bauernhof. Ich bin entzückt, wie einfach die Gebäude gehalten sind. Entgegen den geschlossenen Läden beim Wohnhaus konnte ich feststellen, dass auf dem Hof gewirtschaftet wird.

Eine Wirtschaft unten im Tal gäbe es. Jedoch führt mein Weg auf die andere Seite des Baches und so sehe ich die Terrasse nur von Ferne. Ob es geöffnet gehabt hätte, konnte ich nicht ausmachen. Da ich ja sehr viel Brot und weniger viel Käse dabei hatte, spielte es aber auch keine Rolle und bei Sonnenschein ist selbst ein karges Essen ein Festschmaus.

Für ca. 20 Minuten kraxle ich den Berg hoch. Der Weg ist nicht gerade mit Ästen übersät, aber steil und noch etwas nass. Fast wäre ich ausgerutscht, im letzten Moment kann ich mich gerade noch an einem Ast festhalten (hat ja auch was Gutes, die Äste). Oben auf der Anhöhe geniesse ich ein wunderbares Wolkenspiel mit echt kolorierter Wiese. Im Ernst, die Farben sind derart supersatt, es fühlt sich wirklich wie koloriert an.

Das gleiche Farbenspiel geniesse ich später in einem Waldstück. Und ja, ich bin auch hier absolut allein unterwegs.

Ab und an steigt der Weg an, dann geht es wieder etwas hinunter. Zwischendurch ein paar Bauernhöfe, es wäre der Frieden pur auf Erden, wäre da nicht jäh ein kläffender Hund. Ich laufe rückwärts, weil ich den Köter nicht in meinem Rücken haben möchte. Dies führt dazu, dass sich das Biest erst recht provoziert fühlt. Noch Minuten später vernehme ich das Bellen. Könnte sein, dass es nicht allzu viele Wandernasen hier gibt.

Später ein Schild: Achtung! Liebe Radfahrer! Vorsicht – pfichtgetreuer Hund (kein Ausrufezeichen). Schiebstrecke (drei Ausrufezeichen) mit der Bitte um Verständnis. Die Bäuerin beobachtet mich beim Fotografieren und möchte wissen, was ich am Schild so spannend finde. Ich antworte: Pflichtgetreuer Hund. Sie lächelt und meint, der Hund sei ein Lieber, er habe nichts gegen Wanderer.

Nach einigen Hüpfern geht es hinunter ins Ybbs-Tal. Der Fluss ist recht breit. Beim Passieren der Hauptstrasse braust ein Bus an mir vorbei, als habe es der Fahrer sehr eilig. Nun, ich bin langsamer unterwegs und treffe am Wegrand auf ein winziges Kappelchen, dass bereits fast allumfassend mit Efeu bewachsen ist.

Selbst innen wird die Heiligkeit bereits derart mit Grün umrundet, es könnte fast vermutet werden, dass die Pflanzenwelt an die Wand gemalt wurde. Wobei, naturbelassen ergibt sich eine sehr schöne Ruhe, und hoffen wir einfach, dass niemand auf die Idee kommt, das natürlich gewachsene Wunderwerk zu entjäten.

Ich laufe auf einem geteerten Radweg, der sehr an eine alte Bahnlinie erinnert. Jetzt zum Wandern nicht erste Wahl, für Radler aber sicher ein Paradies. Später entdecke ich eine Art Schutzhütte, die mit Tisch und Ofen ausgestattet ist. Zu beachten gilt es, dass es vorne Schiebetüren hat. Wer mag, kann bei Kälte den Raum schliessen und innen die Ofenwärme voll geniessen.

Kurz vor dem Ziel ein prächtiger Blick auf den Ybbs. Den ganzen Tag hatte ich sehr viel traumhafte Natur und dies sollte selbst bis in den Ort hinein anhalten.

Wer in St. Georges am Reith einen Laden sucht, darf lange suchen. Es gibt keinen, wir sind hier ganz in der Provinz. An sich gäbe es ein Restaurant, doch auch dieses hat nicht geöffnet. Daher bin ich sehr froh, dass mir die Gastgeberin eine Flasche köstlichen Apfelsaft übergibt, denn nach ca. 8 Stunden Wandern habe ich nun doch reichlich Durst, und eine Erfrischung wohl auch verdient.

Mit dem heutigen 20. Wandertag habe ich vier Fünftel meiner Tour bewältigt. Meine Füsse sind davon nur mässig begeistert, sie wären wohl lieber bereits in Wien. Insgesamt geht es aber. Fünf Wandertage, wollen wir einfach hoffen, dass die Füsse bis dahin nicht in den Streik treten. Es wäre jammerschade, denn es sind sehr schöne Tage hier und ich würde die Tour gerne bis nach Wien geniessen.

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