Kirchbichl-St. Johann im Tirol

Etappe 10: Etwas gar touristisch

Start: 514 m.ü.M, Ziel: 665 m.ü.M, Min: 514 m.ü.M, Max: 935 m.ü.M
Weg: 9 Std, 31 km, ↗ 830m, ↘ 679m, GPX-Track, KML-Pfad, Karte

9. April 2024: Heute heisst es früh aufstehen Nach der 10. Etappe geht es für zwei drei Tage zurück in die Schweiz und mein Zug in St. Johann führt um halb drei Uhr. Bis dann muss ich die über 30 Kilometer und ca. 900 Höhenmeter bewältigt haben. Folglich marschiere ich vor sieben Uhr beim Hotel Oberländer los.

Kurz bevor ich das Hotel verlasse, eine Mail der österreichischen Bahn. Mein Zug fahre 118 Minuten später ab. Nun denn, ich hätte also gar nicht früh aufstehen müssen.

Erst ein paar Einfamilienhäuser von Kirchbichl, danach bin ich bereits wieder einsam in der Natur. Unterwegs grüssen zwei drei Waldgestalten. Unterwegs überholt mich eine Joggerin, Ich würde gerne mitspurten, jedoch mein Rucksack und müde Füsse halten mich auch im Laufschritt reichlich auf Trab.

Es geht zurück in Hügel und Berge, knappe 500 Höhenmeter. Vielleicht hätte ich unten doch noch frühsücken sollen. Oder dann liegt es daran, dass ich jetzt seit zehn Tagen unterwegs bin. Schwitzend und müde kraxle ich den Weg hoch. Oben gibt es zudem ein kleines Schmankerl. Weil der Lengau-Hof seine Ruhe möchte, führt der Wanderweg in einem Bogen zusätzliche 30 bis 40 Meter in die Höhe, um das Gehöft weiträumig zu meiden.

Der Abstieg ins Tal ist dafür sanft und weich. Wer trotzdem müde ist, findet unterwegs viele Klapp-Banklein. Einfach Sitzefläche runterklappen, es sitzt sich sehr gut. Einzig beim Aufstehen kippt die das Brettrl gar abrupt zurück.

Unten im Tal grüssen am Wegrand Kühe. Ihre Mahlzeit besteht aus erbärmlich kurzem Gras. Wohl aber dürfte etwas zu beissen noch immer besser als nichts sein. Auf dem Navi sehe ich, eine gute Stunde, dann sollte ich etwas zwischen die Zähne bekommen.

Bei einer Abzweigung verpasse ich den Weg und stehe urplötzlich beim wuchtigen Hotel Alpenschloss. Es sollte in der Folge längst nicht die einzige Anlage sein, die gar überdimensioniert mitten in der grünen Landschaft steht. Im April sehen diese Lokalitäten alle leblos aus. Kein Wunder, ist ja auch niemand da.

Mein Weg führt vorbei an kleinen Weilern, unschwer zu erkennen, dass auch diese meist nur noch aus umgebauten Ferienwohnungen bestehen. Dann wieder Vier-Stern-Kolosse, es muss ja ein gar touristisches Tal sein, durch das ich da wandere.

Ein kleines Seelein sorgt für Abwechslung. Wuchtig spiegeln sich die schroffen Bergzacken im Wasser. Späte ein geteerter Radweg und dann endlich die ersehnte Tankstelle an der Lofener-Strasse. Tankstelle, Verkehr und Baustelle sind gigantisch, als Fussgänger entkomme ich knapp der Blechlawine. Immerhin, ab nun geht es mit gefüllten Magen weiter. Es scheint mir aber, dass die Füsse nicht im engeren Sinne zu schätzen wissen.

Es geht mehr oder minder direkt der Hauptstrasse entlang. Ein Wegweiser, Elmau West, Elmau Mitte und Elmau Ost verheisst nicht Gutes. Der Ort entpuppt sich als touristisch mehr als überladen. Der einzige Traktor, der mir entgegenfährt, hat einen Bagger geladen. Souvenirs, Schnapps, Beauty und vieles mehr. Hotelbauten im Chalet-Stil, jedoch derart mehrgschössig und in Beton gegossen, das Ortsbild von Elmau ist keine Augenweide. Die Bergzacken auf der anderen Seite entpuppen sich als Wilder Kaiser.

Kurz und gut, wir sind in einem der Hotspots des österreichischen Fremdenverkehrs gelandet. Dazu passt im übrigen, dass mich auf dem Gehsteig amerikanisch gestylte Wägelchen überholen bzw. fast auch überrollen.

Weiter geht es nach Going, auch hier überall Wilder Kaiser. Die Hauptstrasse ist dicht befahren, mein Weg führt unter der Strasse durch Richtung Going Badesee. Es geht in einem steten Auf und Ab durch die Landschaft.

Wuchtig präsentiert sich ein Gatter. Befahren und Betreten des Weges sei verboten. Hätte ich das Schild beachtet, hätte ich gut und gerne fünf oder mehr Kilometer Umweg gemacht. Für etwa zwei Kilometer laufe ich durch Wiesen. Dann und wann ein Schild, dies sei ein Privatweg. Das Durchgehen sei bis auf Widerruf untersagt. Irgendwann findet der Spuk ein Ende. Es folgt ein abrupt endender Veloweg und ein grosser Parkplatz. Ein grosser Spielplatz, der den sinnigen Namen «Moor and more» trägt. Kann sein, dass die Verbotsschilder daher herrühren, dass sich gar viele Ausflügler vom Moor (im Sinne von more) in die Felder verirrten.

Weiter unten ein letzter Blick zum wilden Kaiser und ein urtümlicher Hof, der in vollen Zügen landwirtschaftlich genutzt wird. Die Hühner laufen frei herum, ein versöhnlicher Abschluss nach viel touristischem Unsinn.

Der Weg bis St. Johan zieht sich hin. Unterwegs ein Holzschnitzer, der sich wohl mit etwas Ironie Hoiz-Wurm nennt. Es geht lange Geraden durch die Vororte von St. Johann. Ziemlich genau um halb drei bin ich beim Bahnhof. Ich hätte den Zug erreicht, der Zug aber kommt erst ca. zweieinhalb Stunden später.

Genügend Zeit für einen Stadtbummel und für eine Pizza, die vierzig Minuten auf sich warten lässt. Es habe ein Problem mit dem Pizza-Ofen gegeben, entschuldigt sich die Frau. Ich erwidere, kein Problem, ich muss ja ohnehin warten.

Uff, die ersten zehn Tage sind geschafft. Es war strenger, als ich dachte. Mal sehen, wie und wann der zweite Teil folgt.

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