Garmisch-Sylvensteinsee

Etappe 07: Rocky Mountains in Germany

Start: 717 m.ü.M, Ziel: 775 m.ü.M, Min: 717 m.ü.M, Max: 961 m.ü.M
Weg: 10 Std, 38 km, ↗ 620m, ↘ 562m, GPX-Track, KML-Pfad, Karte

6. April: Die Nacht war unruhig. Bis um 24 Uhr habe ich analysiert, wie ich die morgige lange Etappe besser bewältigen könnte. Als erste Massnahme habe ich eine alternative Route gesucht, die in etwa 15 Kilometer weniger Asphalt hat. Zwar ist diese Variante knapp einen Kilometer länger (38 anstelle der geplanten 37 Kilometer) und 200 Höhenmeter zusätzlich sind es ebenso, aber Natursträsschen sind für meine Füsse einfacher zu laufen.

Zweitens werde ich den ersten Teil mit den Turnschuhen laufen und drittens wasche ich mitten in der Nacht noch meine Socken. Geschlafen habe ich erst spät, und mehr als einmal dachte ich daran, den morgigen Tag ganz einfach im feudalen Garten des Hotels zu verbringen.

Mit leicht wackligen Beinen wache ich auf. Die Socken muss ich noch mit dem Haarföhn trocknen, aber dann, um 7:00 Uhr, mache ich mich auf den Weg. Am Dorfrand geniesse ich ein feines Frühstück in einer Bäckerei, der Tag fängt gar nicht mal so schlecht an. Zu Beginn begleitet mich die Zugspitze für eine ganze Weile.

Leider folgen bei Kaltenbrunn einige Kilometer entlang der Hauptstrasse und den Geleisen der Mittelwaldbahn. Jedoch, der Bahnhof wird nicht mehr bedient und das einzige Gasthaus im Ort mit dem sinnigen Namen ‘Zum Schweizer Bartl’ bietet zwar eine farbenfrohe Kulisse (wer gut hinsieht, findet ein aufgemaltes Fenster), doch scheint auch dieses eher geschlossen den geöffnet zu haben.

Die Hauptstrasse ist stark befahren, der Radweg so hart wie Asphalt nun mal ist und so bin ich fast schon in Euphorie, als der Weg zum Geroldsee abbiegt. Der Moorsee liegt auf gut 900 Metern, die Kulisse einmal mehr atenberaubend.

Auf erholsamem Naturpfad geht es gleich weiter zum Barmsee, der im Sommer zum Baden einlädt.

Hinter den Seen erfolgt ein weite Ebene. Wer nach Süden blickt, erhält prächtige Blicke in den Alpengrenzkamm. Auf unserer Seite ist Deutschland, dahinter Österreich.

Wer auf die andere Seite blickt, und dies ist beim Wandern der Laufrichtung geschuldet, findet nur noch leichte Hügelzüge. Grasgrün ist es auf beiden Seiten.

Kurz vor Willgau biege ich rechts ab, es geht zur Isar. Zuvor gilt es eine Hauptstrasse zu queren und an dieser gibt es einen Raiffaisen-Lebensmittelladen. Ich bin fast alleine im Laden. Wäre da nicht die Genossenschaft, der Laden hätte wohl längst dichtgemacht. Dürfte nicht einfach sein, wenn zwei Kilometer südlich Lidl, Aldi und Edeka fast um die Ecke locken. Für den Wanderer passt es dagegen sehr gut, denn wer will schon einige Kilometer Umweg laufen, um Getränke und Essen einzukaufen. Angemerkt sei noch, der Wallgauer Bergkäse ist vorzüglich.

Die Isar begrüsst uns wuchtig und mit gewaltiger Breite. Die Brücke sieht da schon zarter aus. Das Werk bietet knapp Platz für Fussgänger/innen und noch knapper für jene mit Zweirad.

Es folgt ein traumhaft schönes Wegstück bis zum Vorderriss. Die Strecke ist (Brücke sei Dank) nur für Nicht-Motorisierte zugänglich. Dies ergibt eine entspannte Ruhe und Weite. Einmal mehr wähne ich mich in den Rocky Mointains in Kanada oder Amerika.

Ungefähr drei Stunden dauert die Wanderung durch die Wildnis. Zwar gibt es durchaus schattige Teilstücke, oft aber brennt die Sonne direkt von oben auf das urtümliche Tal. Unterwegs treffe ich viele Radler/innen und zwei Japanerinnen, die mit einer überdimensionierten Wasserflasche (wohl 10 Liter) unterwegs sind. Sicher ist, ohne genügend Wasser sollte die Strecke zu Fuss nicht in Angriff genommen werden, es gibt über drei Stunden keine Einkehr oder auch nur einen Brunnen. Eben ganz so wie in den Rockies.

Das Strässchen schlängelt sich dem Tal entlang. Es gibt zahlreiche kleinere wie längere An- und Abstiege zu bewältigen. Die Rundsicht oben ist mehrere Male sehr wuchtig.

Knapp nach zwei Uhr bin ich im Vorderriss. Das Gasthaus lädt zum Verweilen ein (inkl. Übernachtungsmöglichkeit). An diesem Samstag ist das Lokal aber derart gut besucht, dass ich es vorziehe abseits im nächsten Waldstück eine letzte Pause einzulegen.

Endlich, nach etwa 35 Kilometer, gibt es den ersten Blick auf den Sylvensteinsee. Die letzten drei Kilometer führt der Weg direkt dem Stausee entlang. Endlich, nach guten 38 Kilometern, erreiche ich den Weiler Fall bzw. mein Hotel Jäger am Fall.

Uff, die längste Etappe ist geschafft. Sie war insgesamt weniger dramatisch als ich befürchtete. Sicher mit ein Grund ist, dass der grösste Teil des Weges über Naturstrassen führt. Ebenfalls bewährt hat sich das Wechseln der Schuhe unterwegs. Das emsige Treiben um Erleichterung am Vorabend hat sich von daher sehr gelohnt.

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