Untergschwend-Heiterwang

Etappe 05: Einkaufen, wenn’s Spass macht

Start: 1103 m.ü.M, Ziel: 989 m.ü.M, Min: 879 m.ü.M, Max: 1191 m.ü.M
Weg: 7 Std 30, 26 km, ↗ 688m, ↘ 802m, GPX-Track, KML-Pfad, Karte

4. April 2024: Die Unterkunft Alpenwelt ist eine der günstigsten auf der gesamten Tour. Die Ferienwohnung ist sicher kein Viersternhotel, aber das wäre bei einem Preis von knapp 70 Euro auch vermessen. Das Frühstück hingegen war das beste, das ich bisher hatte. Kleines Detail in der Mitte, unter dem ‘Huhn’ wartet das gekochte Ei. Die Gastgeberin bittet mich ausdrücklich darum, ich dürfe wirklich alles aufessen, und ich könne auch alles, was ich möchte, auf den Weg mitnehmen. Das ist ein Angebot!

Heute scheint endlich die Sonne, es ist aber reichlich kühl am Morgen. Das Tannheim-Tal ist üppig breit, die Berggipfel hoch, aber nicht überhängend wie in den Hochalpen.

Manchmal folgt der Wanderweg dem geteerten Radweg, dann aber gibt es exorbitant schöne Passagen mit weichem Boden, Balsam für meine Füsse. Es ist bislang immer das gleiche Prozedere. Am Morgen wandere ich leichten Fusses, am Abend bei der Zielankunft, na ja, es ist auszuhalten, gemütlich aber nicht.

Ein erstes Highlight heute ist der Haldensee, der sich tiefblau an diesem Frühlingsmorgen präsentiert.

Mein Weg führt auf der rechten Seite auf angenehmem Kiesweg dem See entlang, ich geniesse prächtige Blicke auf das Blau und zweifach in die Berge, einmal in Echt und gespiegelt im See.

Bald danach wird die Idylle jäh zerstört. Nicht, weil der Weg nicht schön wäre (im Gegenteil, das Strässchen schlängelt sich malerisch durch offene Waldformationen), nein die Ruhe ist dahin, weil über eine ganze Stunde ein Helikopter am Himmel rattert.

Ich bin den Lärm erst viel weiter unten los, es geht abseits der Hauptstrasse auf einem Feldweg leicht talabwärts.

Ein kleines Dorf, eine Kapelle und gar viele Schilder, dass das Begehen des Weges auf eigene Gefahr erfolge. Es geht über bzw. durch den alten Gaichtpass. Pass erscheint mir zwar etwas übertrieben, denn es geht einfach ziemlich steil zum Fluss hinunter, einen Anstieg konnte ich nicht ausmachen.

Auch hier wandern wir auf den Spuren der alten Salzstrasse, der Fahrweg ist gut ausgebaut. Ob die vielen Warnschilder, es sei gefährlich, wirklich notwendig sind, kann ich nicht beurteilen. Links im Bild oben finden sich ein paar alte Holzverbauungen, um herunterfallende Steine aufzuhalten. Gut, das dürfte jetzt nicht für alle Brocken reichen. Aber heute meint es das Wetter ja gut mit mir und so ist der Gaichtpass bzw. die Schlucht wohl imposant, aber (zumindest heute) kaum gefährlich. Im Tal unten erwartet einen Weissenbach am Lech. Kleines Ratespiel für die Leserschaft, na, welchen Fluss haben wir hier im Bild?

Über die Brücke geht es nach Rieden. Am Wegrand stosse ich auf ein kleines Häuschen, dass hinter Lastern versteckt mit der recht klein gedruckten Inschrift ‘Einkaufen, wenn’s Spass macht’ bescheiden auf Gäste wartet.

Wer sich denn getraut, die Tür zu öffnen, findet innen ein breites Sortiment (inkl. Frischwaren) an Lebensmitteln, die in Selbstbedienung erworben werden können. Bargeld geht leider nicht, und so zücke ich für Euro 1.50 meine Karte. Als Dankeschön kann ich eine A4-Seite als Rechnung ausdrucken oder (wohl) auf das Smartphone laden. Wahrscheinlich hat das Lädeli 24 Stunden geöffnet, ganz nach dem Motto: ‘Einkaufen, wenn’s Spass macht’.

Neben dem Einkaufswunder brilliert Rieden mit einem äusserst pitoresken Dorfplatz. Ich treffe fast niemanden an, aber doch ein älteres Paar mit Einkaufstüten, die wohl gerade einkaufen gehen. Eben, wenn’s Spass macht.

Es geht leicht hinauf in einen dichten Wald. Oben auf der Anhöhe ein nicht ganz beschauliches Bild. Über viele hundert Meter liegen geköpfte Bäume auf dem Waldweg, nicht gerade in apokalyptischen Zügen, aber doch in erklecklichem Ausmass.

Der weitere Weg bis Heiterwang zieht sich am Ende doch hin, die Füsse werden allmählich steif. Aber immerhin waren es heute 27 Kilometer und ich bin noch früher als gestern bei der Unterkunft.

Zuvor noch ein Schnappschuss einer Holzbeige nach österreichischer Art. Auch wenn das Holz ja wahrscheinlich zum Heizen verwendet werden soll, so dünkt mich, wäre es doch jammerschade, das Kunstwerk dem Feuer zu opfern. Ob dem je so sein wird, kann ich nicht beurteilen, aber der Winter ist ja um und eine jährliche Gnadenfrist damit gesichert.

Nun war ich heute wirklich gut und schnell unterwegs. Allerdings habe ich die Rechnung ohne das Hotel bzw. den Wirt gemacht. Gut, ich habe ja auch angegeben, ich würde so um 17:00 Uhr eintreffen. Wenn ich folglich bereits um 14:50 da bin, kann ja nicht erwartet werden, dass jemand da ist. Und so warte ich denn mehr frierend denn gut gelaunt, bis um 15:50 die Putzkraft Erbarmen hat bzw. mich bemerkt und mich einlässt. Innen, eine wohlige Wärme und selten habe ich einen Kaffee derart dankend angenommen wie heute.

Ab morgen folgen deutlich längere Etappen. Bis nach Garmisch sollte es schon reichen, was danach kommt, wir werden sehen.

« Sonthofen-UntergschwendHeiterwang-Garmisch Partenkirchen »


Newsletter