Steinberg-Kirchbichl im Tirol

Etappe 09: Traumhaft schön, streng und absturzgefährdet

Start: 1023 m.ü.M, Ziel: 514 m.ü.M, Min: 492 m.ü.M, Max: 1164 m.ü.M
Weg: 10 Std 10, 31 km, ↗ 1289m, ↘ 1798m, GPX-Track, KML-Pfad, Karte

8. April 2024: Das Morgenessen besteht aus sehr harten Semmeln, einem Ei und Aprikosenkonfitüre. Die Brötchen sind hart, weil ich sie mit der Mikrowelle “backen” musste, die Kindersicherung des Backofens konnte ich nicht ausser Kraft setzen. Leider muss ich heute alles Essen und Trinken mittragen, unterwegs gibt es (fast) keine geöffneten Restaurants.

Steinberg am Rofan liegt auf einer Anhöhe. Viel Landwirtschaft, etwas Tourismus, ein Restaurant (bis im Mai nicht geöffnet) und eine alles überragende Kirche.

Gleich hinter dem sakralen Bauwerk beginnt die Kraxelei. Erst geh es steil zur Strasse hinunter und danach ebenso steil auf der anderen Seite den Hang hinauf. Schwierig ist der Weg nicht, aber oft begangen dürfte der Weg nicht sein. Zahlreiche entwurzelte Bäume sind zu meistern, wer nicht aufpasst, bleibt mit dem Rucksack an den Ästen hängen.

Irgendwo auf dem schmalen Pfad rennen zwei Rehe an mir vorbei, doch sind sie so schnell, dass ich keine Chance habe, ein Foto zu schiessen.

Bei Hinterberg folgt eine zunächst geteerte Strasse, später ist es ein Kiesweg, eine Schranke sorgt dafür, dass keine motorisierten Vehikel durchkommen. Blick hinunter zum Fluss gibt es selten. Wenn es diesen gibt, eröffnet sich eine prächtige Weitsicht, die gleichzeitig auch zeigt, gar viel Zivilisation gibt es hier nicht.

Fast schon hinter den sieben Bergen grüsst am Wegrand ein stattlicher Hof, wobei allerdings nicht klar wird, ob da noch jemand wohnt bzw. arbeitet oder es sich um eine feudale Ferienliegenschaft handelt.

Es geht hinunter nach Pinegg. Unten folgt für drei Kilometer eine geteerte Strasse, die zum Restaurant Kaiserhaus führt. Der Parkplätze gibt es sehr viele, doch auch diese Gasstätte ist im April geschlossen (Ausnahme Samstag/Sonntag). Gleich dahinter der Einstieg zum Kaiserklamm, eine enge Schlucht, die bereits Kaiser Franz Josef und seine Gattin Sissi begeistert haben soll.

Die schmale Schlucht sieht sehr einladend ein, aber mein Weg ist weit und so erspare ich mir den Felsenweg (es wären 2 Kilometer mehr) und marschiere direkt über die Brücke der Brandenberger Ache. Ein breiter Fahrweg führt dem Ellbach entlang in die Höhe. Zunächst wenig spektakulär, später auf der Anhöhe gibt es ein kleines reizvolles Hochmoor.

Für mich geht es rechts in die Höhe, kurz auf einem kleinen Pfad, später erneut auf gekiester Strasse hinauf zum Schusterloch. Oben gibt es viel Weideland, jedoch das Gras noch klein und die Kühe wohl noch unten im Tal.

Ganz oben auf der Anhöhe gibt es den langersehnten Blick hinunter zum Inntal. Endlich, neun Tage habe ich darauf gewartet, das Wasser zu erblicken, das (via Donau) nach Wien fliesst. Allerdings kann ich den Inn von oben nicht erkennen, zu wolkig die Sicht nach unten.

Der Pfad hinunter ins Tal erscheint mir anspruchsvoll, auch wenn im Internet der Kesselsteig mit ‘mittelschwer’ taxiert wird. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich heute bereits weit über 1000 Höhenmeter und fast 25 Kilometer in den Beinen habe und so schon etwas müde den schmalen z.T. auch ausgesetzten Weg in Angriff nehme.

 

Für mich gibt es etwelche Stllen, wo ein Fehltritt genügen würde, um senkrecht die Wand runterzufallen (von wegen mittelschwer). Vorsichtig folge ich dem Pfad, einmal hilft mir bei der Streckenfindung das Navi, denn es sind mehr Spuren denn ein Weg. Ab und an fühle ich mich eher wie ein Maulesel, der vorsichtig auf allen Vieren in die Tiefe watschelt.

Unten bin ich schweissgebadet, nicht nur von der Anstrengung, sondern auch von der erklecklichen Hitze in der Wand. Für einmal finde ich gar ein geöffnetes Restaurant. Der Landgasthof Kraftquelle Schlossblick sieht zwar von aussen verlassen aus, doch die Hoteltüre ist geöffnet und innen treffe ich auf eine ältere Frau, die in einem Nebenraum Bettwäsche bügelt. Im Unterschied zu gestern serviert sie mir sehr gerne Getränke.

Über eine letzte Kuppe geht es hinunter zum Inn. In Angath ist es soweit, ich quere das wuchtige Gewässer über die einzige Brücke weit und breit. Der Inn präsentiert sich feudal und breit, nicht zuletzt, weil kurz danach ein Kraftwerk folgt.

Auf der anderen Seite des Flusses geniesse ich nochmals den Blick zurück zum Schusterloch bzw. dem Kesselsteig, wobei ich nun doch lieber hier unten als oben bin. Mein Ziel, Kirchbichl im Tirol ist bald erreicht, überall begrüssen mich blühende Bäume.

Die heutige Etappe war lang und hart. Gemäss meiner “Marschtabelle” sind es über 10 Stunden. Darin nicht eingerechnet sind die ca. 1800 Höhenmeter, die es bergab (beim Kesselsteig recht gerade hinunter) geht. In aller Regel ist der Abstieg zwar streng, aber es wird nicht mehr Zeit benötigt als wenn es eben durch die Landschaft geht.

Beim Kesselsteig benötigte ich für die ca. 2 Kilometer Abstieg fast eine Stunde. Dabei war jetzt nicht wahnsinnig langsam unterwegs, benötigte ich doch Insgesamt knappe acht Stunden, reine Laufzeit war wohl 7 Std. 30. Sagen wir es so, wer die ersten acht Etappen bewältigt, dürfte auch den neunten Tag überstehen. Ansonsten kann der Langgasthof empfohlen werden, dann wären es sechs Kilometer weniger, und auch das ist noch eine stolze Tour.

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